Freitag, 9. März 2012

Die Kastellanin von Iny Lorentz

Zum Inhalt: Zehn Jahre sind nun vergangen, seit Marie und Michel zu den Herren von Rheinsobern erklärt wurden und ihre Burg dort bezogen haben. Beide sind sehr glücklich miteinander und alles ist so, wie Marie es sich erträumt hat. Nur eins betrübt sie: In all den Jahren konnte sie Michel bisher keine Kinder schenken und so beginnt sie zu glauben, dass ihr das auch gar nicht vergönnt ist.

Doch auch im deutschen Kaiserreich ist die Stimmung getrübt, denn man befindet sich im Krieg mit den Hussiten. Schließlich muss auch Michel in den Krieg ziehen, als Anführer eines Kriegeszug einiger Ritter aus der Umgebung und deren Gefolge. Da Michel auf keine glorreiche Herkunft verweisen kann, sind einige seine Mitstreiter alles andere als glücklich über dessen hohes Ansehen beim Kaiser und beim Reichsgrafen. Nach einer Schlacht kehrt Michel auch nicht zurück und wird kurze Zeit später als tot erklärt. Marie wird somit zur Witwe und ehe sie sich versieht, wird ihr Heim und ihre Herrschaft einem neuen Besitzer zugesprochen und gleich mehrere Anwärter reißen sich darum, die schöne und reiche Witwe zu heiraten. Doch Marie denkt gar nicht daran, sich einem neuen Ehemann hinzugeben. Im Gegenteil glaubt sie sogar, ihr Michel lebt noch. Und so schließt sie sich als Marketenderin einem neuen Heereszug an, in der Hoffnung, einen Hinweis auf den Verbleib ihres Mannes zu finden.

Meine Meinung: Vorweg vielleicht gleich die erste Schwäche, die der zweite Teil der "Wanderhure"-Reihe hatte: Sprachlich wurde es an vielen Stellen einfach sehr schnulzig. Das war, meine ich, im ersten Teil nicht der Fall. Vielleicht auch deshalb, weil es da einfach weniger Anlass für Herzschmerz und Schnulz gab. Dennoch bin ich der Meinung, dass man auch solche Stellen meistern kann, ohne zu sehr an Hausfrauenromänchen zu erinnern. Gut, das ist jetzt sehr krass ausgedrückt und so sehr störend ist es dann auch nicht. Aber stellenweise brachte es mich doch dazu, ordentlich mit den Äuglein zu rollen.

Ansonsten finde ich die Sprache aber durchaus wieder sehr passend und gut gewählt. Natürlich wäre es bei den meisten historischen Büchern vermessen zu sagen, dass sie genau der damaligen Sprache angepasst sind. Zum Glück. Ich hatte ja manchmal schon so meine liebe Mühe, das genuschelte Plattdeutsch von meinem Opa zu verstehen. Nicht auszumalen, wie schwierig es dann wäre, die Sprache unserer Vorfahren von vor mehreren hundert Jahren zu verstehen. Ich glaube, für die 600 Seiten des Buches hätte man dann gut und gerne ein paar Jährchen gebraucht. Aber für unsere Verhältnisse ist der Sprachstil der "Wanderhure"-Reihe sehr altmodisch und schmuckhaft. Kurzum: Würden Freunde so mit mir sprechen, ich würde sie auslachen, aber für ein historisches Buch finde ich das sehr passend und schön. Anders mag ich es auch gar nicht, denn dann würde es schwer, sich in die Charaktere und die damaligen Verhältnisse hinein zu versetzen.

Das ist ja ohnehin bei historischen Büchern manchmal nicht so leicht. Die beschreibenen Damen und Herren leben ja nunmal in ganz anderen Verhältnissen wie wir heute. Viele Situationen kann man sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen.Und so ist es manchmal schwierig, zu verstehen, wie eine Person sich z.B. so intensiv mit der Pflege von einer Totkranken beschäftigt. Heutzutage würde man sich das gar nicht mehr zutrauen, weil man ja weiß, dass medizinisches Fachpersonal nicht weit ist. Damals war das eben anders. Auch die Anwendung von Gewalt und der Umgang mit dem Tod war damals eben ein ganz anderer. Stellenweise muss man wirklich schlucken, obwohl das Buch solche Situationen nur nebenbei erwähnt. Dann kommt man aber doch immer wieder zu dem Punkt, dass man sich sagen muss, dass diese Dinge damals eben auch wirklich "nebenbei" liefen. Das finde ich persönlich auch an historischen Büchern so interessant. Sie sind - zumeist - sehr real und dadurch wesentlich näher an uns dran als z.B. Fantasybücher. Und doch kann man sich aus heutiger Sicht vieles davon genauso wenig vorstellen wie einem Vampir zu begegnen oder Magie anzuwenden.

Auffällig ist, dass der Charakter von Marie über die Jahre noch gefestigter scheint. Gegen Ende des ersten Buches wirkte sie aufgrund ihrer Erlebnisse ja schon sehr tough, aber eben auch sehr verschreckt und leicht verbittert, verständlicherweise. Durch ihr glückliches Leben mit Michel erscheint so nun viel gelöster und selbstbewusster, aber sie weiß nun eben auch ganz genau, was sie will. Wenn sie eine Entscheidung trifft, bleibt sie dabei und ist in ihrer Handlungsweise sehr konsequent. Ich finde es sehr schön, wie genau sich die Autoren Gedanken über die wahrscheinliche persönliche Entwicklung einer Person mit Maries Lebensgeschichte gemacht zu haben scheinen und wie glaubwürdig ihre Handlungen dadurch erscheinen. Auch Michel ist wieder sehr gut beschrieben, auch wenn sich hier ein nicht ganz so großer Sprung vom damaligen jungen Krieger zum heutigen Ritter erkennen lässt. Dahingegen sind die "Bösen" der Geschichte mal wieder ein bißchen sehr platt und es gibt viel Schwarz-Weiß-Malerei. Immerhin wird ein wenig versucht, auf entsprechende Hintergründe und Schicksalsschläge hinzuweisen, welche bei dem ein oder anderen zu weniger schönen Wesenszügen geführt haben. Aber insgesamt wird besonders der Ritter Falko von Hettenheim mir zu sehr als eine Art "Disney"-Bösewicht beschrieben, durchweg und scheinbar grundlos bösartig. Da allerdings die restlichen Personen so gut und glaubhaft beschrieben sind, ist das auch noch zu entschuldigen.

Insgesamt reicht es nicht ganz an die fünf Kitten des ersten Teiles heran, aber dennoch war es wirklich schön, mal wieder was von Marie und Michel zu lesen.

Bewertung:

Zur "Rache der Wanderhure": Kürzlich lief ja der vermeintlich zweite Teil der "Wanderhure"-Reihe auf Sat1. Ich habe beide Filme nicht gesehen und auch "Die Rache der Wanderhure" nicht gelesen, daher kann ich zur Qualität dieser nichts sagen. Tatsache ist jedoch, dass der Film eine abgewandelte Version von "Die Kastellanin" ist, offensichtlich, wenn man den Meinungen vieler glauben darf, mit mehr Herzschmerz und Drama, baby! Ich persönlich bin nicht der Meinng, dass es das gebraucht hat. Noch unnötiger fand ich dann, dass "Die Kastellanin" also noch einmal umgeschrieben, dem Film angepasst und dann unter dem Titel "Die Rache der Wanderhure" veröffentlicht wurde. Ja, ihr lest richtig, es handelt sich dabei NICHT um den fünften Teil der Reihe und ist daher für diejenigen, die "Die Kastellanin" gelesen haben, komplett sinnlos. Ob man als neuer Leser jetzt besser das eine oder andere liest, sei jedem selbst überlassen. Ich habe, wie gesagt, nur eins davon gelesen, würde aber wohl auch jetzt eher zum Original tendieren und finde persönlich auch, dass ein Autor zu seinem eigentlichen Werk stehen sollte, mit all seinen Stärken und Schwächen.

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